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Sonntag, 28. September 2014

Aborigines, Dreamtime Melbourne

Schon seit zwei Monate bin ich hier in “Down under” und hab es seit Wochen nicht mehr geschafft irgend etwas in meinen Blog zu kritzeln.


Ich will Euch gar nicht mit meinem “Work-life-balance-problemen” langweilen, deshalb schneide ich ein Thema an, welches mir sehr am Herzen liegt. Leider bekommen wir im “Westen”, so zumindest mein Eindruck, sehr wenig mit was hier politische passiert. Mal von der umstrittenen “Toni Abott Regierung” abgesehen, liefen oder laufen hier ein paar Dinge gewaltig schief…. Lasst uns ein paar Jahrhunderte zurück gehen.

Indigene Flagge 

In meinem ersten Eintrag hab ich kurz über Niederländer und Engländer und die Eroberung von “Terra Australia” geschrieben. James Cook ist 1770 in Australien mit seinem Segelschiffchen aufgekreuzt und hat dass Land zum Besitz der englischen Krone erklärt.... doch was war davor?








Woher kam die Aborigines ursprünglich? Man geht davon aus dass die Wurzeln in Afrika liegen. Durch eine weitere Einwanderungswelle vom indischen Subkontinent und Indonesien entwickelte sich die Kultur weiter. Außerdem wird hier in Australien immer von „Aborigines und Torres Strait Islanders“ gesprochen. Die letzteren sind ein eigener Stamm, welche sich nicht zu den ersteren zählen. Sie leben im Norden von Queensland. Ihre Kultur ist stark beeinflusst von Zentralaustralien aber auch von Papua Neu Guinea.


Was gibt einem dass Recht ein Volk dass seit 40 000 – 60 000 Jahren in einem Land lebt zu ignorieren? Ich habe mir schon in Latein-, und Mittelamerika Gedanken dazu gemacht. Als die Eroberer in Down under ankamen lebten hier ca 700 verschieden indigene Gruppen, mit unterschiedlichen Kulturen und verschiedenen Sprachen. Dies macht es auch ein wenig schwierigen den Hintergrund zu beschreiben. Der Großteil der Aborigines war ein Nomadenvolk. Von Generation zu Generation wurde dass Wissen über das Land, Flora und Fauna, weitergegeben. In der Regensaison zogen sie in den Teil des Landes, welcher weniger überschwemmt war, dafür umso ertragreicher war, sie brannten Eukalyptus Bäume nieder, da diese nur Samen ausschütten wenn sie verbrannt werden, betrieben Fischerei, usw. Sie waren über den ganzen Kontinent verstreut und hatten sich an die jeweiligen Klimabedingungen angepasst. Da die Aborigines allerdings nie an einem Ort in Häusern lebten oder das Land bewirtschafteten, wie die Europäer, gingen die “Eroberer” davon aus, dass Ihnen dass Land nicht “gehörte”. Die Engländer nannten es deshalb “Terra nullis” – Niemandsland und hissten 1788 die “Union Jack”.



Dreamtime und Kultur

Als Dreamtime wird der Glauben der Aborigines bezeichnet. Es beginnt mit der Schöpfungsgeschichte, den Ahnengeistern wie der Regenbogenschlange oder dem „Großen Känguru“, welche das Land und alle Lebewesen erschufen und prägten. Deshalb glauben sie in erster Linie nicht an unsichtbare Geister sondern an Felsformationen oder einen Flussverlauf der durch die Regenbogenschlange geprägt wurde. Auch Reinkarnation spielt eine Rolle, alle Pflanzen oder Tiere waren irgendwann Menschen. Göttliche Wesen werden in drei Kategorien eingeteilt: Die Schöpfungsfiguren, die Ahnen, und die „Totem Beings“. Durch die Dreamtimestorys wurde auch das Wissen von Generation zu Generation weitergebeben und weiterentwickelt.  Die Geister, Pflanzen und die Landschaft sind in vielen Felsenmalereien festgehalten worden, wodurch man heute Zugang zur Vergangenheit hat. Es gibt verschiedene Versionen der Dreamtime, welche je nach Geschlecht, Alter oder Zugehörigkeit weitergegeben wird. Nicht mehr weit verbreitet sind die Riten wie Tänze und Gesänge für die Naturgötter allerdings gibt es noch den wichtigsten Brauch der „Inition“. Dieser dauert bis zu mehreren Wochen mit nächtlichen Gesängen, Tänzen, „Storytelling“. Hier werden die Dreamtime Storys an Jugendliche weitergeben. Danach werden die männlichen Jugendlichen am Oberkörper geschnitten. Die Narben sind ein Zeichen von Heiratsfähigkeit. Eine weitere wichtige Zeremonie ist die Beerdigung. Die Aborigines bemalen sich weiß, ritzen sich selbst, tanzen und singen um dafür zu sorgen dass die Seele des Toten zurück zum Geburtsort kehrt, an dem sie später wieder geboren wird.



Wie oben schon festgehalten ist es schwer „die Aborigines“ zu beschreiben. Auch sie selbst haben Probleme ihre eigene Kultur zu beschreiben. Einerseits sind sie sehr stolz auf Ihre Kultur und wollen sie mit anderen Teilen, andererseits wurden eben Dreamtime Storys in verschiedenen Versionen erzählt und gewissen Geheimnisse nur an die „elderly“, die Ältesten weitergeben. Um die Kultur und Traditionen zu wahren wird versucht dies weiterhin zu pflegen. Dies macht es natürlich schwer für Außenstehende alle Hintergründe und Verhaltensweisen zu verstehen. 



Als die Engländer mit der „first fleet“ eintrafen wurde sie von den Aborigines freundlich empfangen. Es kam zum Tauschhandel, da sich die Neuankömmlinge noch nicht selbst versorgen konnten. Allerdings waren die Tauschaktionen nicht wirklich fair, so wurden z.B. Werkzeug und Waffen gegen Land eingetauscht, bis die indigene Bevölkerung in kleine Communitys zurückgedrängt wurden. Stellt Euch vor Ihr wisst nicht was es heißt ein Grundstück, also ein Stück Erde „zu besitzen“. Aborigines haben ein anderes Verhältnis zur Erde, sehen sich ihr „Pfleger“ und versorgen sich im Austausch mit Fleisch und Pflanzen. Im Verlauf kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Völkern. Da die Siedler anfingen Landwirtschaft und Viehzucht zu betreiben und die Indigenen zurückgedrängt hatten, blieb diesen der Ursprüngliche Zugang zu Nahrung verwehrt. Sie begannen Schafe und Rinder zu jagen. Dies war einer der Gründe warum es zu geplanten Massakern an der Indigen Bevölkerung kam. In Tasmanien z.B. wurde die gesamte indigene Bevölkerung ausgelöscht.


Ein weiteres Problem, welches mit den „Eindringlingen“ kam, waren Krankheiten. Aborigines hatten keine Abwehrkräfte gegen Pocken und Influenzaviren. Zudem brachten die Europäer Geschlechtskrankheiten ins Land. Die indigene Bevölkerung schrumpfte von geschätzten 400.000 – 1.000,000 auf 50.000 Menschen zusammen.


Um weitere Eskalationen zu vermeiden wies die Regierung den Indigenen eigene Protektorate zu. Nach dem Vorbild von Weißen Siedlern sollten sie dort eigene Communities aufbauen. Ich finde dass einfach nur verrückt! Das war Mitte des 19. Jahrhunderts.


1890-1937 gab es den „Aboriginal Protection Act“ in Victoria. „Chief Protectors“ erhielten die Kontrolle über Wohnort, Arbeit, Leben und dass Leben der Kinder von Aborigines. Sie mussten westliche Kleidung tragen, wurden von Familien getrennt, durften Ihre Kultur und Sprache nicht mehr ausüben und verloren so gänzliche den Bezug zu Ihrer Identität. Doch dass schlimmste kommt erst noch. Die „Assimilation policies” von 1938 1968. –STOP- . Den Zeitraum nicht beim Lesen überfliegen! 1968!!! Die Zeit der sexuelle Revolution in vielen Teilen der Erde, die Zeit der Bürgerbewegungen, das Jahr in dem Martin Luther King umgebracht wurde und dass Jahr in dem Owen Wilson und Will Smith geboren wurden.


Was sind die
„Assimilation policies”? In der  Aboriginal Welfare - Conference of Commonwealth and State Authorities“ wurde die „integration“ der Indigen Bevölkerung in die „Weiße“ Bevölkerung beschlossen. Hört sich vorbildlich an, war aber alles andere als das! Das ganze geschah nämlich ob sie dass wollten oder nicht!


In 50 years we should forget that there were any Aborigines in this country.“
—A.O. Neville, Western Australian Chief Aboriginal Protector
(In 50 Jahren werden wir vergessen haben dass es irgendwelchen Indigen in diesem Land gab.)







The governments in the 1930s said children had to be taken away from their parents because the influence of their own communities was immoral and they were in danger of abuse and neglect, but the real agenda then was to de-Aboriginalise them.“


—Michael Anderson, Aboriginal leader
(Die Regierung in den 30igern veranlasste dass Kinder von Ihren Eltern getrennt wurden, weil deren Einfluss und der, der Communities unmoralisch war und sie in Gefahr von Missbrauch und Vernachlässigung waren. Die eigentliche Agenda war allerdings sie zu De-Aboriginalisieren.)


Kinder wurden ohne Vorwarnung aus den Communities 1000 von Kilometern weit verschleppt, in weissen Familien untergebracht, christlich erzogen, zu Hausmädchen oder billigen Arbeitskräften gemacht. Man versuchte zu erreichen die Aborigines „auszuzüchten“, das Wort „debreed“ wurde tatsächlich verwendet. Der Plan war, nach ungefähr vier Generationen keine Aborigines mehr im Land zu haben. Diese Vorgehen, gegen sämtliche Menschenrechte, ging als „Stolen Generation“ in die Geschichte ein.

Wir hatten eine Gastdozentin an der Uni, die selbst ein Kind der „stolen generation“ war. Sie musste mitten im Vortrag unterbrechen, weil sie weinte. Sie war nicht die einzige. Ich saß mit Tränen in den Augen in der ersten Reihe. Obwohl ich davor viel darüber gelesen und mir verschiedene Dokus angesehen habe, war es eine ganz andere Erfahrung die Geschichte „aus erster Hand“ zu hören. Am meisten hat mich der Punkt getroffen, dass sie sich Ihrer Identität beraubt fühlt. Stellt Euch vor, Ihr werdet als Kleinkind ohne Vorwarnung aus Eurem Dorf, aus Eurer Familie gerissen, dürft nicht mehr Eure Sprache sprechen, dürft nicht mal dran denken Eure Kultur auszuleben (He, ihr Bayern.. keine Kirwa dein Dialekt und Wiesenbräuche!), werdet mißhandelt und wisst nicht wie Ihr zu Eurer Familie zurückkommen könnt, ob sie noch leben oder sonstiges! Was dass dies mit Eurer Bindungsfähigkeit oder Eurer mentalen Gesundheit macht brauch ich wohl nicht aufführen. 1967 gab es ein Referendum welches den Indigenen neue Hoffnung gab. Aborigines erhielten dass Recht zu wählen und die Regierung versprach Ihnen zu helfen.



Insgesamt wurden ca. 35.000 Kinder also ungefähr jedes 3 – 10 Kind aus der Familie gerissen. Seit 1998 gibt es den National Sorry Day, welcher aber nicht amtlich ist. Am 13. Februar 2008 hielt der Premierminister bei seiner Rede zur Amtseröffnung eine Entschuldigungsrede. Dies war unter anderem Teil der Wahlkampagne. Die Opposition sprach sich ausdrücklich dagegen aus.


Die Folgen der Politik, im Zusammenhang mit der Indigenen Bevölkerung, sind vehement. Die Lebenserwartung ist ungefähr 15 Jahre kürzer als die der weißen Australier. Die Kindersterblichkeitsrate ist immer noch 3 mal höher.  Diabetes, Nierenversagen, kardiovaskuläre Krankheiten sind vielfach höher in der Indigenen Bevölkerung als bei den „weißen“ Australiern. Melbourne hat ein sehr großes Problem mit Crystal Meth. Am meisten betroffen sind allerdings Aborigines, da sie sich unter anderem aufgrund Ihrer Vergangenheit und der immer noch vorherrschenden Diskriminierung in Alkohol und Drogenabusus stürzen.


Jeden Donnerstag gehe ich zu den Gastdozenten im Kurs „Indigenous Health“ und jedes mal werde ich auf Neue aus meiner heilen Welt gerissen. Die Studenten im zweiten Jahr geben außerdem in 3er Gruppen kleine Präsentation zu diversen Krankheitsbildern. In dem Kurs kann ich meist „crossmarken“, also Noten geben und diese mit meinen Supervisoren vergleichen. Eine gute Übung, was mein Praktikum angeht, aber mehr noch eine wunderbare Lernmöglichkeit für mich zum Thema „Indigenous Health“.


Ich hoffe die ganzen Informationen und Buchstaben haben Euch nicht abgeschreckt alles zu lesen. Es gibt einige gute Internetseiten darüber, allerdings muss man aufpassen von wem sie publiziert wurden da oftmals einiges beschönigt wird. Ich habe die meisten Infos aus den Vorlesungen und teileweise aus den zwei Internetquellen unten herangezogen.

http://www.creativespirits.info/aboriginalculture/history/aboriginal-history-timeline-2000-today

Ein guter Film dazu, den ich schon ein paar interessierten Freunden ans Herz gelegt habe:

Rabbit Proof Fence


Ich hoffe der eine oder andere nimmt sich die Zeit Ihn anzusehen.


Ansonsten geht’s mir gut
J Gestern war das „Footy Grand Final“, die Fussball-WM für Australien hahaha. Die ganze Stadt (ausser natürlich Hipster die toooo cool for school sind) war auf den Beinen um das Mega Spektakel zu feiern. Ich war morgens klettern und musste am MCG vorbeiradeln. Um 10 war schon die Hölle in den umliegenden Bars los. Der Frühling hat Melbourne erreicht, dass Wetter ist wunderbar, ich fühle mich wie eine Solaranlage, tanke Energie, die Stadt pulsiert und die Arbeit macht wahnsinnig viel Spass.

Smooooooootch aus dem lebendigen Melbourne, bis bald




Mit Gustav meinem Rad mit Seele in den Strassen Melbournes 











AFL (Australian Football League)





Footy im MCG (Melbourne Cricket Ground), ältestes Stadion Australiens



Farewell-Auszugs-Gartenparty






Farewell-Auszugs-Garten-Gallerieparty









Laufen am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen...




















Opossum in der Uni


Versteckt Klettern unter Brücken





















Umsonst und oeffentlich zugänglich!



Auch öffentlich zugänglich: unser Dach... Ich fühl mich tatsächlich wie eine Solarplatte



Sonnenuntergang an der Uni... Papageiengezwitscher inclusive